Ich war schon richtig enttäuscht, dass der Abschied schon so schnell kam. Ich hätte doch zu gerne mehr Zeit mit Tobias verbracht. Aber als bloßes Anhängsel konnte ich lediglich auf das nächste Telefonat hoffen.
Als Tobias mir zum Abschied die Hand gab, fühlte ich auf einmal etwas in meiner Handfläche.
Er hatte mir ein Zettelchen zugesteckt, und lächelte mir dabei verstohlen zu wie ein Verschwörer.
Ich gab das Lächeln zurück und steckte sein Briefchen schnell in meine Manteltasche.
Kaum waren der Geschäftsführer und ich im Hotel angekommen – wo wir beide übernachten sollten; er, um am nächsten Vormittag nach Amsterdam weiterzureisen und ich, um den Zug zurück in den Süden zu nehmen -, holte ich den Zettel hervor.
"Ich weiß nicht, in welchem Hotel Du bist; aber wenn Du Zeit und Lust hast, dann komm doch gegen sieben noch mal in mein Büro oder ruf mich an, dann führe ich dich schick zum Essen aus – Tobias."
Ich musste schmunzeln; es war hastig hingekrakelt; er musste den Zettel irgendwann während der Unterschriftszeremonie schnell hingeworfen haben, als er erfuhr, dass wir nicht, wie ursprünglich geplant, noch am gleichen Nachmittag wieder zurückfuhren.
Natürlich tauchte ich pünktlich um sieben wieder in Tobias' Firma auf, und diesmal allein und ohne Aufsicht oder Begleitung. Wobei ich es furchtbar bedauerte, nicht etwas Eleganteres für den Abend in meine kleine Overnight Bag gestopft zu haben; aber ich hatte halt lediglich mit einem ruhigen Abend im Hotel gerechnet.
Unterwegs hatte ich mir wenigstens noch einen neuen Schal gekauft, der mein strenges Business Kostüm ein wenig weiblicher und reizvoller machte, aber mehr an Verwandlung war nicht drin. Und so sollte ich nun schick essen gehen? Du meine Güte ...
Ich hätte mir keine großen Sorgen machen müssen, denn zum Essen kamen wir gar nicht, und zumindest an diesem Abend lernte ich Düsseldorf nicht bei Nacht kennen; weder die berühmte Kö, noch sonst eine Straße.
Kaum war ich in Tobias' Büro angekommen – der Pförtner war noch da und zeigte mir den Weg, den ich aber ja bereits kannte, sonst war in dem ganzen Gebäude kaum noch jemand anwesend -, da umarmte er mich und hielt mich ganz fest.
"Endlich!" murmelte er. "Meine Güte, du bist so süß, ich hätte schon am Nachmittag über dich herfallen mögen!"
Ich war plötzlich ebenso überschäumend glücklich, wie ich am Nachmittag bei dem Termin enttäuscht gewesen war. Ihm war es also ähnlich gegangen wie mir.
Und endlich konnte ich es auch erst mir, dann später auch ihm gegenüber zugeben, ich hatte mich eigentlich schon am Telefon ein klein wenig in ihn verliebt, und als ich ihn sah, verstärkte sich das prickelnde Feuer noch.
Nachdem er mich in seinem übrigens wunderschön geräumigen und gemütlich ausgestatteten Büro verführt hatte, war aus dem kleinen Flirt Feuer eine erotische Leidenschaft geworden, die unsere darauffolgenden Telefonate sich in nichts mehr von denen unterscheiden ließ, die ich beim Telefonsex, meinem Hobby führe ... |